Feste Freundschaften zu Amerikanern wurden beim TV Kirchheimbolanden schon immer groß geschrieben.
Boney Mahoney aus der erfolgreichen Anfangszeit besitzt Kultstatus. Beliebt war auch Ausnahmeathlet Charles Caldwell.
„Big C“ trägt heute noch den TVK in seinem Herzen – vor kurzem ein großes Thema in der „Hall of Fame“ in Philadelphia.
KIRCHHEIMBOLANDEN. Die Nachricht sorgte im Mai 1990 für Wirbel in der Kleinen Residenz, als Charles Caldwell die TVK-Basketballer verstärkte. Der treffsichere Amerikaner wurde auf den US-Luftwaffenstützpunkt nach Orbis versetzt und entschied sich nach wenigen Trainingskontakten für den Wechsel zum Turnverein. „Big C“ eroberte die Herzen aller TVK-Anhänger, begeisterte nicht nur mit überragenden Leistungen auf dem Feld, sondern war auch abseits der Basketballhalle beliebt bei Jung und Alt. Freundschaften wurden geschlossen, privat war der sympathische US-Athlet mit „Kerchemer Familien“ drei Jahre während seiner Stationierung in der Pfalz fest verwurzelt. „Ich werde Kirchheimbolanden, die tolle Gegend und den großartigen Basketballverein immer lieben und in meinem Herzen tragen. Diese grandiose Zeit, eine besonders schöne in meinem Leben, werde ich nie vergessen“, verrät der heute 64Jährige im Gespräch mit der RHEINPFALZ. „Kibo ist der Geburtsort meines einzigen Kindes. Wir entschieden uns damals bewusst für die Geburtshilfe-Abteilung im Krankenhaus Kirchheimbolanden. Diese Stadt und der TVK werden immer zu meiner Familie gehören.“
Große Ehre für Ex-TVK-Ass
Vor kurzem erhielt Caldwell mit der Aufnahme in der Military Basketball Association Hall of Fame in Philadelphia eine hohe Auszeichnung. Beim Festakt dabei war Wolfgang Ebel, früher ebenfalls TVK-Basketballer und mittlerweile seit 34 Jahren in den USA. „Ich habe mich über Wolfgangs Kommen sehr gefreut. Wir haben an dem Abend über die guten alten TVK-Zeiten geredet und viel gelacht“, erzählt Caldwell. Der „waschechte Kerchemer“ Ebel ergänzt: „Wir hatten telefonisch wenig Kontakt. Charles ist viel in Facebook unterwegs. Da bekam ich einiges von ihm mit. Wirklich witzig war, dass wir uns das letzte Mal persönlich sahen, als wir zusammen 1990 in Kibo Basketball spielten. Umso schöner war nach dieser langen Zeit nun das Wiedersehen. Es war ein besonderer Moment, bei Charles´ großem Abend dabei gewesen zu sein!“ Die Würdigung seiner Leistungen und Verdienste für den Basketballsport und das Militär mit der Aufnahme in der „Ruhmeshalle“ tat Caldwell gut, denn sein Leben als „Weltenbummler“ mit Einsätzen an vielen Orten und Einsatzgebieten und dem häufigen Wechsel seines Lebensmittelpunktes war nicht immer leicht. Neben vielen Höhen gab es auch Tiefen aufgrund schwerer Rückschläge, unter anderem 1999 der frühe gewaltsame Tod seines Bruders mit 33 Jahren. Dass der unvergessene „Big C“ aber auch mit Weltstars wie Michael Jordan und David Robinson spielte, sorgte für die herausragenden Höhepunkte auf der Sonnenseite seines Lebens.
Big C: Auf dem Feld mit dem legendären Michael Jordan
„Es ist eine Ehre, für Gutes ausgezeichnet zu werden. Nachdem ich jahrelang dafür gebetet hatte, in die NBA zu kommen, habe ich es nun in der MBA Hall of Fame geschafft“, sagt Caldwell, einer der erfolgreichsten Werfer in der TVK-Historie. „Basketball ist mein Leben.“ Hauptsächlich trug er das Trikot der United States Air Force. Für das Militär zu spielen, war nicht Caldwells ursprünglicher Traum. Als Jugendlicher hatte Caldwell die NBA als klare Vision im Visier. Seinen Spitznamen „Big C“ verdiente sich das Toptalent an der High School, als er zwischen der achten und neunten Klasse in einem Jahr um sagenhafte 18 Zentimeter wuchs und zum „Fels in der Brandung“ auf dem Spielfeld wurde. Als einer der besten Punktesammler und Rebounder ging sein Aufstieg steil nach oben – unter anderem mit Auszeichnungen zum herausragenden Neuling der Southern Intercollegiate Athletic Conference oder mit der Ernennung „Preseason All-American“, als er für die University of Arkansas spielte. Ein lukratives Angebot aus Südamerika lehnte er ab, weil sein Großvater im Sterben lag. Nach dem Tod seines Opas schloss sich Caldwell der Luftwaffe an, die ihm weltweite Einsätze – nicht nur im „beschaulichen“ Orbis oder später in Sembach, sondern auch im Golfkrieg brachten. 1987 spielte er auf Empfehlung seines Arbeitgebers in der NBA-Sommerliga. Kontakte zu Proficlubs gab es, auch verheißungsvolle – doch einen Profi-Vertrag in der weltbesten Liga erhielt er nicht. „Der Mensch hat Pläne im Herzen, aber seine Schritte lenkt Gott“, erklärt der gläubige Caldwell, der einen Bachelor in Luftfahrttechnik und einen Master-Abschluss in Wirtschaft erreichte. Trotz des „geplatzten großen Basketball-Traumes“ gab es viele schöne Momente. Wie beim Spiel der US-Europaauswahl mit Caldwell und dem spektakulären Gastspieler Michael „Air“ Jordan in der Frankfurter Ballsporthalle. Ein Erlebnis, das heute noch Wolfgang Ebel unter die Haut geht. Dieses Spektakel brachte Caldwell zusammen mit Chicago-Bulls-Superstar Jordan auf die Titelseite des Airman Magazins, die offizielle Zeitung der United States Air Force. Sein letztes Spiel für die Air Force bestritt Caldwell 2008 auf der Yokota Air Base in Tokio. Mittlerweile lebt Caldwell mit seiner Familie in Mansfield und hilft als Mentor auf die falsche Bahn gekommenen Jugendlichen, Halt im Leben zu finden.
„Traumhaft schöne TVK-Zeit“
unerreicht und unvergessen
Im Zentrum seiner Erinnerung an seine große Basketball-Karriere bleibt sein dreijähriger Aufenthalt in der Kleinen Residenz. Unvergessen: Sein traumhafter Einstand im TVK-Trikot als Matchwinner mit 35 Punkten beim dramatischen 83:82-Sieg im Linksrhein-Pokal-Viertelfinale beim TuS Ensdorf oder die in tausend Stücke zerfetzte Korbanlage nach einem krachenden Caldwell-Dunk beim 94:51-Halbfinalsieg bei der DJK Nieder-Olm. Legendär und bis heute unerreicht: Der Autokorso von Mainz nach Kirchheimbolanden nach dem sensationellen 110:97-Endspielsieg gegen den zwei Klassen höheren BBF Dillingen und die anschließende Party in der Turmschänke, in der Caldwell mit Spielern und Fans bis in den frühen Morgen auf dem Tresen tanzte. Zuvor hatte der überragende TVK-Neuzugang mit 38 Punkten maßgeblichen Anteil am Coup im Cup. Den Sensationssieg krönte der Vollblut-Korbjäger mit einem spektakulären Dunking mit der letzten Aktion des Spiels. Damit nicht genug mit der „Caldwell-Gala“ in der nordpfälzischen Kleinstadt: Der Aufstieg in seiner ersten kompletten Saison in die Regionalliga mit mehreren Rekorden wie etwa 41 Punkte in einem Liga-Spiel, insgesamt 485 Treffer und den damaligen Liga-Bestwert von durchschnittlich 31 Zählern pro Match in der Saison 1990/1991 bis hin zum erneuten Linksrhein-Pokalsieg 1993 kurz vor seiner Rückkehr nach Amerika. Beim jüngsten Treffen anlässlich des großen Banketts machte Caldwell nochmals klar, wie wohl er sich in Deutschland und beim TVK fühlte – obwohl bei „seinen Spielen in der Pfalz“ nur so viele Zuschauer kamen wie bei jedem Training mit seinem Team in Arkansas davor. Für den höflichen Mann mit dem smarten Lächeln und der stets ansteckenden gute Laune gab es noch ein weiteres entscheidendes „Highlight“ in seiner TVK-Zeit: Die Geburt seiner Tochter im April 1993 in Kirchheimbolanden. Dieser für ihn und seine Frau Bobbie lebensprägende Glücksmoment wird „Big C“ immer eng mit seiner fantastischen Zeit bei „Kibos Korbjägern“ verbinden.
- Siehe Steckbrief
Steckbrief
Wolfgang Ebel
…lebt seit 1997 in Philadelphia und ist verheiratet mit der Amerikanerin Amy, deren Vorfahren von Ilbesheim bei Kirchheimbolanden über Odessa (Russland) nach North Dakota kamen. Wolfgang und Amy Ebel sind jeweils 56 Jahre alt, haben vier Kinder – mit Daniel und Henry (beide 20) sowie Mallory und Annalise (beide 18) jeweils Zwillinge. Der heute noch fest verwurzelte TVK-Basketballer arbeitet gemeinsam mit seiner Frau in der Pharmaindustrie. Amy ist als Pharmazeutin und Senior Director bei Glaxo Smith Kline für die Zulassung von neuen Medikamenten verantwortlich, Wolfgang entwickelt als Senior Director für die japanische Firma Eisai neue Wirkstoffe im Bereich Krebs und gegen die Alzheimer Krankheit.
Ebels Kinder haben unterschiedliche Interessen: Daniel arbeitet in einer Lachszuchtanstalt in Alaska, Henry studiert Maschinenbau an der Oregon State University, an der Wolfgang und Amy früher auch studierten und sich kennenlernten. Nach ihrem Highschool-Abschluss wird Mallory ab Herbst Mikro-Biologie an der Montana State Unversity studieren und strebt langfristig ein Medizinstudium an. Annalise hat sich an der University of Utah für das Studium „Anthropologie/Archäologie“ entschieden. Alle vier haben sich damit für ihre Ausbildung weit weg von der Ostküste und ihrem Elternhaus entschieden – eine komplett neue Situation im sonst so lebhaften Hause, wie Wolfgang Ebel der RHEINPFALZ verrät. Er selbst ist 1990 für sein Studium und die spätere Promotion in Mikrobiologie vom beschaulichen Kirchheimbolanden nach Amerika ausgewandert. Auch wenn er bereits 34 Jahre seinen Lebensmittelpunkt in den USA hat – die Kontakte ins Elternhaus sowie Verwandten, Freunden, ehemaligen Mitschülern vom Nordpfalzgymnasium und natürlich seinen geschätzten TVK-Kameraden pflegt er regelmäßig. So oft wie es seine und Amys Zeit zulassen, kommen sie immer wieder gerne in die Kleine Residenz zurück. |uwe