Am 28. August beginnt die Basketball-Weltmeisterschaft in der Türkei. Die deutsche Nationalmannschaft wird dabei zwar ohne Superstar Dirk Nowitzki antreten müssen, auf einen echten Rheinland-Pfälzer kann sich Head Coach Dirk Bauermann allerdings verlassen: Mit Elias Harris wird auch ein junger Mann aus Speyer um Punkte und Siege für den Deutschen Basketball Bund (DBB) kämpfen. Peter Bieg beleuchtet Harris‘ Rolle im Team mit dem Bundesadler auf der Brust, stellt den Kader vor und wagt eine Prognose zum Abschneiden der Deutschen.
Mit seinen 21 Jahren wird der Speyrer Elias Harris in den kommenden Tagen bereits sein zweites internationales basketballerisches Großereignis erleben. Als einer von zwölf Spielern wurde der 2,01 Meter große Forward der Gonzaga University von Bundestrainer Dirk Bauermann in den endgültigen Kader für die Basketball-Weltmeisterschaft, die von 28. August bis 12. September in der Türkei stattfindet, berufen. Nach einer starken ersten Saison am College von Gonzaga, in der Harris mit durchschnittlich 14,9 Punkten und 7,1 Rebounds sofort zum Führungsspieler avancierte, schien es schon vor Monaten ausgemacht, dass der Sohn eines Amerikaners und einer Deutschen in der Türkei auflaufen würde.
In Bauermanns Truppe wird Harris, der bereits in der Rheinland-Pfalz-Auswahl als Ausnahmetalent auffiel, eine sehr wichtige Rolle spielen und – wohl zunächst als Bankspieler – vor allem mit seiner Energie und konkurrenzlosen Athletik entscheidende Impulse geben können. Mit seiner Sprungkraft und Power muss sich der Youngster auch auf internationalem Top-Niveau nicht verstecken und wird so manchen erfahreneren Gegenspieler überraschen. Harris‘ Leistungen in der Vorbereitung schwankten dabei noch arg: Während er im zweiten von zwei Testspielen gegen Puerto Rico nur magere zwei Punkte beisteuerte, waren es im Spiel zuvor noch starke 13 Zähler gewesen. Dennoch geht der stets positive Hoffnungsträger die große Aufgabe gewohnt zuversichtlich an: „Ich sehe mich als Energizer von der Bank und komme mit der Rolle gut klar. Wir müssen nicht ängstlich sein und uns verstecken. Ich fühle mich sehr gut vorbereitet auf die WM, wir können dort befreit aufspielen“, so Harris wenige Tage vor dem Abflug in Richtung Südosten.
Befreit aufspielen wird Bauermanns Truppe auch müssen, wenn es für die junge Mannschaft ohne die beiden NBA-Legionäre Dirk Nowitzki und Chris Kaman für das Erreichen des Achtelfinales reichen soll. Die Vorrunde wird in Gruppen mit je sechs Teams ausgespielt, von denen sich die jeweils besten vier für die Runde der letzten 16 (Achtelfinale) qualifizieren. Mit Serbien, Angola, Argentinien, Australien und Jordanien haben es die Deutschen direkt mit einigen harten Brocken zu tun, vor allem gegen Argentinien, Australien und die Serben wird es extrem schwer werden, Siege einzufahren. Gegen Angola und Jordanien gehen die Jungs mit dem Bundesadler auf der Brust allerdings als klare Favoriten ins Spiel.
Auf folgende zwölf Spieler setzt Dirk Bauermann in der Türkei:
Robin Benzing (ratiopharm Ulm) – Der 2,08 Meter große Small Forward steht in der Türkei nicht nur unter der Beobachtung seines Nationaltrainers, auch zahlreiche NBA-Talentspäher haben ein Auge auf den Schlacks geworfen. Dieses Turnier wird ganz wichtig für die Entwicklung des 21-jährigen, der dringend an Muskelmasse zulegen muss, um konstant auf höchstem Niveau Akzente setzen zu können.
Demond Greene (FC Bayern München) – Der 31-jährige Shooting Guard soll mit Erfahrung, einem respektablen Rest an Athletik und Sicherheit aus der Distanz für Stabilität sorgen. Wenngleich von Bauermann enorm geschätzt, könnte dies das letzte große Turnier für den Neu-Münchner werden.
Per Günther (ratiopharm Ulm) – Günther galt bis zuletzt als Streichkandidat für Bauermann. Der 1,84 Meter große Aufbauspieler konnte in der vergangene BBL-Saison nicht immer restlos überzeugen und erntete zuletzt einiges an Kritik. Der junge Günther wird auch bei dieser WM keine große Rolle spielen können – Muskelmasse, Erfahrung und Korbgefährlichkeit fehlen.
Steffen Hamann (FC Bayern München) – Seit Jahren vertraut Bauermann dem mittlerweile 29-jährigen Hamann auf der Aufbauposition und der Neu-Münchner wird liefern, was die Zuschauer von ihm gewohnt sind: Bissige Verteidigung, regelmäßige Schauspieleinlagen, eine katastrophale Wurfschwäche und starken Drang zum Korb. Trotz seiner Defizite für Bauermann alternativlos als Spielmacher.
Elias Harris (Gonzaga University/USA) – Siehe Oben. „Energizer“ und mit Abstand athletischster Spieler im Kader.
Jan-Hendrik Jagla (Asseco Prokom Gdynia/POL) – In Abwesenheit von Dirk Nowitzki hat Jan Jagla endlich die Chance, seine Qualitäten als „Alphatier“ bei einem großen Turnier zu zeigen. In der Vorbereitung hatte der 2,13 Meter große Forward mehrere bärenstarke Auftritte. Nach einem tollen Jahr in Polen, während dem Jagla auch in der Euroleague klasse Spiele ablieferte, könnte jetzt auch im Nationalteam endgültig der Knoten platzen, nachdem Jaglas Leistungen in den vergangenen Jahren noch immer zu schwankend waren.
Christopher McNaughton (EWE Baskets Oldenburg) – Der 27-jährige, 2,11 Meter große Deutsch-Amerikaner McNaughton wurde nach einer starken Saison in Göttingen mit einer Berufung in den WM-Kader belohnt und stach unter anderem Yassin Idbihi (ALBA Berlin) aus. Auf internationalem Top-Niveau muss der massige Center noch viel lernen, über eine Rolle als Ergänzungsspieler wird er wohl auch mangels Athletik nicht hinauskommen.
Tim Ohlbrecht (Telekom Baskets Bonn) – Auch Ohlbrecht könnte auf den großen Positionen – ohne Nowitzki und Kaman – seinen endgültigen Durchbruch feiern. Der 2,10 Meter große 21-jährige hat alle Fähigkeiten, um unter dem Korb, aber auch aus der Distanz für Gefahr zu sorgen, muss aber dringend seine Nerven in den Griff bekommen und noch deutlich cleverer agieren. Sollte es Ohlbrecht schaffen, mit dem großen Druck umzugehen, könnte er eine der positiven Überraschungen des Turniers werden.
Tibor Pleiß (Brose Baskets Bamberg) – 2,15 Meter, deutscher Meister und Pokalsieger, an 31. Stelle gedraftet, im kommenden Jahr Starter in der Euroleague – das ist Tibor Pleiß. Der Bamberger ist das derzeit wohl heißeste deutsche Talent und kann bei der WM den nächsten Schritt gehen und viel lernen. Von den Leistungen des jungen Rohdiamanten wird viel abhängen, bekommt es der erst 21-jährige doch in vielen Spielen mit internationalen Top-Centern zu tun. Auch Pleiß könnte seinen Marktwert nach diesem Turnier nochmals gesteigert haben.
Heiko Schaffartzik (Turk Telekom Ankara/TUR) – Bei der EM 2009 war Schaffartzik mit seinem Selbstbewusstsein und seiner Stärke aus der Distanz eine der Entdeckungen im deutschen Team. Nach einer durchschnittlichen Saison in Braunschweig zieht es den nur 1,80 Meter großen Berliner in die Türkei, wo er in der kommenden Saison für Ankara auflaufen wird. Sollte es Schaffartzik gelingen, seine EM-Form wiederzufinden, wird er ein immens wichtiges Puzzleteil für Bauermann werden. Bleibt es bei seinen Leistungen aus der Vorbereitung wird Schaffartzik viel Zeit auf der Ersatzbank verbringen müssen.
Philipp Schwethelm (Eisbären Bremerhaven) – Auch der junge Philipp Schwethelm schaffte es nach einer tollen Spielzeit bei den Eisbären in Bremerhaven in den WM-Kader und hat schon damit einen unglaublichen Erfolg gelandet. Für den Flügelspieler (21 Jahre, 2,01 Meter) wird das Turnier vor allem zum Sammeln wertvoller Erfahrungen dienen und vielleicht wartet auch die ein oder andere Spezialaufgabe auf den Kämpfer von der Nordsee.
Lucca Staiger (ALBA Berlin) – Lucca Staiger komplettiert den von Bauermann nominierten 12er Kader, der Deutschland vertreten soll. Der 21-jährige Shooting Guard wird als „Scharfschütze“ vor allem aus der Distanz für Gefahr sorgen und kann hierbei – an einem guten Tag – eine spielentscheidende Rolle spielen. Insgesamt fehlt es Staiger aber an Konstanz und Korbdrang, um bei einer solchen WM für verlässliche Impulse sorgen zu können.
Das Erreichen der Zwischenrunde sollte mit dieser Mannschaft definitiv möglich sein. Wie weit es die Deutschen bringen können, hängt dabei aber auch wesentlich von ihrer Platzierung nach der Vorrunde ab, da in der zweiten Runde bereits harte Brocken wie die USA, Brasilien, Slowenien oder Kroatien auf Bauermanns Männer warten. Ein Erreichen des Viertelfinales wäre unter den gegebenen Umständen und ohne die NBA-Spieler also eine echte Überraschung und ein toller Erfolg.