Stehen sonst nur die höherklassig spielenden Teams in den Bundes- oder Regionalligen im Mittelpunkt des Sportgeschehens, so bestimmen in dieser Saison auch die pfälzischen B-Klasse-Basketballer die Schlagzeilen. In einem in dieser Art einzigartigen Projekt nimmt eine Gefängnismannschaft der Jugendstrafanstalt Schifferstadt (JSA) als Team des TSV Towers Speyer-Schifferstadt am normalen Spielrundenbetrieb teil. Seit 15. September öffnen sich die Gefängnismauern jeweils samstags mittags für die Meisterschaftsspiele in der B-Klasse Pfalz.
„Sport im allgemeinen trägt wesentlich zur Integration in unserer Gesellschaft bei. Das ist seit vielen Jahren bekannt und belegt“, sagt Stephan Walch (Germersheim), der 1. Vorsitzende des Basketballverbandes Pfalz (BVP). „Daher liegt auch der Gedanke nahe, dass gerade der Basketball als Mannschaftssportart in einem besonderen Maße zur Reintegration beitragen kann. Jugendliche, die auf die schiefe Bahn geraten sind, bislang kein festes Gefüge und keinen Teamgeist kennen, können von unserem neuen Projekt profitieren.“
Walch und BVP-Sportwart Andreas Offenhäußer (Klingenmünster) waren von Anfang an Feuer und Flamme für das außergewöhnliche Anliegen, das Björn Schmitz, der Leiter der sportpädagogischen Abteilung in der JSA, und Markus-Oliver Schwaab (Dudenhofen), Basketballchef beim TSV Towers Speyer-Schifferstadt, im Frühjahr an den Verband herangetragen haben. „Unser Vorhaben wurde im April beim Verbandstag bestätigt. Alle Vereine sagten ihre Teilnahme zu, so dass wir mit wenig Vorlaufzeit bereits im Herbst 2012 starten konnten. Ohne die Towers und die große, unbürokratische Unterstützung von Markus-Oliver Schwaab sowie dem unermüdlichen Einsatz von Björn Schmitz hätte das aber nicht geklappt“, lobt Walch.
Denn Voraussetzung war, dass die jugendlichen Straftäter Mitglied im TSV Speyer werden und bei den Towers als Mannschaft in der B-Klasse antreten können. Von allen Seiten gab es Unterstützung – nicht nur vom Verband und Verein, auch vom Ministerium, das grünes Licht für die Spiele in der JSA gab, und auch vom Deutschen Basketballbund. „Ein Gefängnis gehört auch zu unserer Gesellschaft. Viele reden von Integration. Wir wollen ganz konkret etwas tun, um Menschen eine neue, eine zweite Chance zu geben“, erklärt Schwaab. „Die Rückfallquote gerade bei jugendlichen Straftätern ist hoch, mit der Anbindung an unseren Verein können die Jugendlichen aus ihrer Isolation herauskommen. Nicht die Tatsache, dass wir Woche für Woche im Gefängnis in einer normalen Meisterschaftsrunde Basketball spielen, ist die Erfolgsgeschichte. Wir hoffen, dass es diese wird, wenn die Häftlinge entlassen werden, dass sich dann unser Projekt auszahlt.“
Florian Handrich (Limburgerhof) von den Towers leistete mit der Organisation von Freundschaftsspielen in den letzten Jahren bereits wertvolle Vorarbeit. Auch jetzt, wo alles auf offiziellen Beinen steht, greift der engagierte Korbjäger als einer von vielen Björn Schmitz bei organisatorischen Dingen unter die Arme. „Ich bin einfach nur dankbar für die große Unterstützung der pfälzischen Basketballer. Für die Jungs in der JSA bedeuten gerade diese Spiele sehr viel. Sie wollen natürlich gewinnen, doch das steht am Anfang gar nicht im Vordergrund, zumal ja nur die wenigsten fundierte Vorkenntnisse von diesem Sport haben. Einige kennen den Streetball, die organisierte Form des Basketballs müssen wir im Training vermitteln und uns Schritt für Schritt verbessern“, berichtet Schmitz.
Das Projekt bedeutet für ihn, Co-Trainer Valerij Basic und die JSA-Sportbeamten eine große Herausforderung, denn die meisten Straftäter sind nur gut ein Jahr inhaftiert. „Wir wollen nicht nur Durchlauferhitzer sein, sondern mit der direkten Anbindung an den Verein und die Vernetzung zum Spielbetrieb die Position der Straftäter stärken, wenn sie wieder entlassen werden. Das Projekt ist langfristig geplant. In der ersten Saison wollen wir uns zunächst als Team etablieren. Die jungen Leute langfristig für den Basketball qualifizieren, das ist dann das nächste Vorhaben. Warum den einen oder anderen nicht auch als Schiedsrichter ausbilden…“
Schmitz sprudelt nur so vor Ideen. Der Diplom-Sportwissenschaftler ist vom Erfolg des Basketballprojektes überzeugt: „Wenn wir durch die regelmäßigen Spiele in der JSA die jugendlichen Straftäter nach der Entlassung fest in Vereinen integrieren können, haben wir eine ganze Menge gewonnen.“ Die pfälzischen Korbjäger wollen helfen, den Weg in ein besseres Leben zu ebnen… (eid)