Der Basketballverband Pfalz, der TSV Towers Speyer-Schifferstadt und die Jugendstrafanstalt Schifferstadt (JSA) packen diese Runde zu dritt ein außergewöhnliches, in dieser Form in Deutschland einzigartiges Projekt an: Eine Mannschaft mit Häftlingen der JSA nimmt am ganz normalen Spielrundenbetrieb der B-Klasse Pfalz teil. Bei den beiden ersten Spielen auf dem Gefängnis-Gelände war Schiedsrichter Peter Poreba (Wörth) dabei. Mit dem Pfälzer Vorzeige-Referee, der sonst bis auf Regionalliga-Ebene Basketball-Begegnungen leitet, sprach Uwe Eid.
Peter, zum Saisonstart in der B-Klasse warst Du beim ersten Meisterschaftsspiel der Gefangenen-Mannschaft gegen den BBC Mehlingen als Schiedsrichter eingesetzt. Was empfandst du, als du vor den Gefängnismauern standest?
Im Alltag fährst du zu einem Basketballspiel und führst deine Aufgabe als Schiedsrichter aus. Ganz anders war es vor dem ersten Spiel in der JSA. Auf den Hinweg zum Basketballspiel machte ich mir sehr viele Gedanken. Als ich vor den riesigen Mauern der JSA mit einem einzigen Eingang stand, kam mir ein mulmiges Gefühl auf. Welche Straftäter als Spieler erwarten mich? Kann mir als Schiedsrichter was passieren? Wie würde die Gastmannschaft auf die Spieler der JSA reagieren? Klappt das ganze Projekt?
Wie waren deine Erfahrungen bei der Einlasskontrolle?
Ein freundlicher Justizvollzugsbeamter hat uns am Eingangsbereich bereits erwartet. Beim Einlass hat mein Schiedsrichterkollege als auch ich unseren Personalausweis abgeben müssen. Sämtlich Wertsachen (Handy, Uhren, Autoschlüssel, Geldbeutel u.s.w) dürften in die JSA nicht mit hineingeführt werden. Für diese Sachen waren bereits vor dem Eingang besondere Schließfächer vorhanden. Zum Abschluss der Einlasskontrollen mussten wir unsere Schiedsrichtersachen (Tasche) abgeben. Diese wurden wiederum durch ein Röntgengerät geführt. Nach der Leibuntersuchung war somit die Einlasskontrolle beendet. Jetzt wusste ich, warum wir rechtzeitig anreisen sollten. Nach der ganzen Kontrolle vergingen mehr als 10 Minuten.
Welche Gedanken gingen durch deinen Kopf, als du über das Gefängnis-Gelände zur Sporthalle gegangen bist?
Als ich über das riesige Gefängnis-Gelände gelaufen bin, fielen mir sofort die vielen Überwachungskameras als auch die vorhanden riesigen Metallzäune auf. Zu meinen Erstaunen: Ein Basketballfeld mit sehr vielen Spielern drauf. Zwei Wachbeamten befanden sich in unmittelbarer Nähe. Spieler als auch die anwesenden Menschen trugen eine orangene Kleidung. Welche Straftäter sind vor Ort? Der erste Gedanke hoffentlich kein Mörder. Während des Weges zur Halle fielen mir sehr viele Gebäude auf, die vergittert waren. Es handelte sich um die Gefängnisräume der Straftäter. Ebenfalls fielen uns die vielen Sportanlangen auf. Der freundliche Justizvollzugsbeamte erklärte uns alles und wir staunten nicht schlecht.
Wie war der erste Kontakt zu den Häftlingen?
Bei Einlass in die Halle wurde die Tür zur Halle verschlossen. Die Häftlinge befanden sich noch nicht in der Halle. Es verging einige Zeit, als die Gastmannschaft Mehlingen dann sich ebenfalls in der Halle befand. Schließlich wurden die Häftlinge in die Halle hereingelassen. Man könnte eine Stecknadel fallen lassen und man hörte diese. Es war sehr still in der Halle. Kein Ton. Die Gastmannschaft als auch die Heimmannschaft (JSA) begannen, sich warm zu laufen. Der erste Kontakt mit Häftlingen hatte mein Schiedsrichterkollege und ich mit dem Kampfgericht. Zwei Häftlinge übernahmen die Aufgabe des Zeitnehmers bzw. des 24/14. Zeitnehmers. Der erste Kontakt: Ein zaghaftes Schütteln der Hände als Willkommen im Team des Kampfgerichtes.
Hast du dich für dieses Spiel besonders vorbereitet? Immerhin laufen im JSA-Team einige Spieler auf, die noch nicht so lange Basketball spielen…
Für diese Schiedsrichteransetzung konnte mein Schiedsrichterkollege als auch ich mich wenig vorbereiten. Es ist ein Projekt, das wir so noch nicht kannten. Es war klar, dass die Gastmannschaft BBC Mehlingen mit Basketballerfahrungen auftreten würde. Aber wie die Spieler der JSA spielen würden, war mir zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Als Vorbereitung mussten wir als Schiedsrichter uns bereits 24 Stunden vor dem angesetzten Basketballspiel schriftlich per E-Mail bei der JSA anmelden.
Wie verlief das Spiel, gab es besondere Vorfälle?
Zum Beginn des Basketballspieles begrüßte zunächst die Gastmannschaft Mehlingen die Schiedsrichter. Eine Begrüßung der Spieler der JSA war sehr zurückhaltend und mit einer Fragestellung beinhaltet. Man hat die Nervosität der Spieler beider Mannschaften zum Beginn des Sprungballes im Mittelkreis als Schiedsrichter spüren können. Das Spiel begann und man konnte sofort ersehen, dass die Mannschaft Mehlingen spielerisch überlegen war. Nicht destotrotz hat die Mannschaft der JSA den Kopf nicht hängen lassen und erzeugte mit einigen spielerischen Zügen eine zuschauerwerte Atmosphäre. Fouls, die während des Spieles bei beiden Seiten entstanden, wurden sofort per Handschlag als Entschuldigung besiegelt. Florian als Spieler der Towers Speyer hatte die Kontrolle am Kampfgericht mit den beiden Häftlingen (Zeitnehmer ,24./14. Sec. Zeitnehmer) und alle halfen zu einem guten Spielablauf. Die anwesenden Justizvollzugsbeamten als einzige Zuschauer in der Halle jubelten bei jedem Korberfolg der JSA Mannschaft und erzeugten eine super Zuschaueratmosphäre. Das Spiel fand eine Stimmung und man merkte, dass die Spieler der JSA immer mehr sich zutrauten. Sogar Fragestellungen (Regelkunde) an die Schiedsrichter durch die JSA-Spieler folgten und so merkten wir als Schiedsrichter, dass die Scheu vor etwas Neuem verschwand.
Eine Woche später gegen den 1. FC Kaiserslautern, als es auch den großen „Presse-Rummel“ gab, warst du erneut im Einsatz. Hast du schon eine Entwicklung in dieser kurzen Zeit wahrgenommen?
Als Schiedsrichter war mir die Einlassprozedur bekannt. Es war mir leichter aufgefallen. Selbst den anwesenden Justizvollzugsbeamten fiel es leichter, da sie mich als Schiedsrichter erkannten. Als die Spieler der JSA in die Halle einliefen, kam sofort der Willkommensgruß der Spieler der JSA. Man hat gemerkt, dass die erste Nervosität vom letzten Basketballspiel gegenüber dem Schiedsrichter als auch der Gastmannschaft, verschwunden war. Die Spieler hatten, trotz der Niederlage gegen Mehlingen, einen Ansporn den ersten Sieg zu holen. Selbst in der JSA-Mannschaft wurde viel gearbeitet, ein Mannschaftszusammenspiel und eine Mannschaftsverteidigung war zu erkennen.
Haben dir die Einsätze hinter den Gefängnismauern gefallen. Wird ein Peter Poreba auch im weiteren Saisonverlauf nochmals in die JSA zurückkehren?
Es ist ein tolles Projekt, in dem ich als Schiedsrichter mitwirken darf bzw. kann. Die Erfahrungen in so einem Projekt zu sammeln, erweitert mein Weg als Schiedsrichter aber auch im privaten Leben. Nach dem Verlassen der Gefängnismauren, sehe ich das Leben ganz anderes, da ich weiß, dass hinter den Gefängnismauern junge Straftäter sitzen, die das ganze junge Leben noch vor sich haben. Es bestrebt mich als erfahrener Schiedsrichter, jüngere Schiedsrichter auf dem Weg zu begleiten. Einige Häftlinge haben sogar den Wunsch geäußert, eine Ausbildung als Basketballschiedsrichter anzufangen, nach Absitzen ihrer Straftat. Und so kann ich meine Erfahrungen in der JSA den jüngeren Schiedsrichtern auf den Weg geben. Im weiteren Saisonverlauf hat mein Verein TV 03 Wörth weiterhin Vereinsansetzungen in der JSA und es ist gewiss, dass ich diese Ansetzungen jederzeit wieder als Schiedsrichter übernehmen werde.
Zum Schluss noch eine allgemeine Frage: Was hältst du von diesem Projekt. Kann der Basketball helfen, den jungen Leuten, die auf die schiefe Bahn gekommen sind, eine neue Perspektive geben?
Das Argument von Spielern der JSA, nach Absitzen ihrer Straftat Basketball zu spielen in einem Verein und sogar eine Ausbildung als Basketballschiedsrichter anzufangen, sagt alles aus. Dieses Projekt gibt Gedankenstöße: Junge Leute, die auf eine schiefe Bahn gekommen sind, erhalten Kontakt zu Mitmenschen und können durch die Anbindung in dem Projekt in einem Verein ihre wahren Stärken und Hobbys wiederfinden.
Danke für deine Einschätzungen! (eid)